Die Zahl der Asylsuchenden, die in Deutschland Schutz begehren, steigt wieder an. Mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine hat das nichts zu tun. Denn diese Geflüchteten müssen keinen Asylantrag stellen.
Im Jahr 2016 hatte die Zahl der Schutzersuchen mit 722 370 Erstanträgen einen Höchststand erreicht. In den Folgejahren sank die Zahl der Asylbewerber kontinuierlich. Dass sie 2021 wieder anstieg, war nach Einschätzung von Experten auch auf Nachholeffekte als Folge der strengen Reisebeschränkungen in der Corona-Pandemie 2020 zurückzuführen.
Ukraine-Flüchtlinge mussten keinen Antrag stellen
Den Angaben zufolge betrafen 24 791 der Erstanträge im vergangenen Jahr in Deutschland geborene Kinder im Alter von unter einem Jahr. Die rund eine Million Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine, die im vergangenen Jahr in Deutschland Aufnahme fanden, mussten keinen Asylantrag stellen. Sie erhalten auf Basis einer EU-Richtlinie unmittelbar vorübergehenden Schutz.
Zusammen mit 26 358 Folgeanträgen, die 2022 beim Bamf eingingen, wurden im Gesamtjahr 244 132 Anträge registriert. Das Bundesamt habe im vergangenen Jahr über die Anträge von 228 673 Personen entschieden, teilte das Bundesinnenministerium mit. In 17 Prozent der Fälle wurde ein Schutzstatus auf Basis der Genfer Flüchtlingskonvention zuerkannt. Asyl nach den Maßgaben des Grundgesetzes wurde bei 1937 Antragstellern anerkannt, das ist weniger als ein Prozent aller Fälle.
Jeder fünfte Antrag abgelehnt
Ungefähr jeder vierte Asylbewerber erhielt den sogenannten subsidiären Schutz. In rund 13 Prozent der Asylverfahren wurde ein Abschiebungsverbot festgestellt. Abgelehnt wurde etwas mehr als jeder fünfte Antrag (21,6 Prozent). Anderweitig erledigt - etwa durch eine Überstellung an ein anderes zuständiges EU-Land oder wegen Rücknahme des Antrags - haben sich 22,3 Prozent der Asylanträge.
Die Zahl der beim Bamf gestellten Anträge war in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres kontinuierlich angestiegen. Dass sie im Dezember wieder leicht sank, hat nach Auskunft des Bundesamtes nichts mit einem Rückgang der Zahl der Schutzsuchenden zu tun, sondern war vielmehr eine Folge der Corona-Pandemie, die in vielen Behörden zu hohen Krankenständen geführt hatte.
Reaktion von Innenministerin Faeser
«Wir haben zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um die Migration nach Deutschland stärker zu steuern und zu ordnen», sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Sie verwies auf die Verlängerung der vorübergehenden stationären Grenzkontrollen in Bayern an der Grenze zu Österreich und die intensivierte Schleierfahndung an der Grenze zu Tschechien. Mit der Schweiz sei ein Aktionsplan vereinbart worden, der gemeinsame Kontrollen in Schweizer Zügen und an der Grenze vorsehe. Die Bemühungen, Serbien dazu zu bringen, seine Visa-Praxis zu ändern, hätten bereits Wirkung gezeigt.
«Auch die konsequente Rückführung von abgelehnten Asylbewerbern stärken wir», fügte sie hinzu. Dem Bamf sei es mit großem Engagement gelungen, die Zahl der Entscheidungen über Asylanträge im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 50 Prozent zu steigern. Die neue Bundesregierung sorge für «Integration von Anfang an», betonte Faeser. Der Zugang zu Integrationskursen hänge, anders als in früheren Zeiten, nicht mehr von der Bleibeperspektive des einzelnen Asylbewerbers ab.
CDU mit scharfer Kritik an der Ampel
Eine andere Schlussfolgerung zieht die Unionsfraktion. Ihr innenpolitischer Sprecher, Alexander Throm (CDU), sagte: «Die irreguläre Migration nach Deutschland hat wieder einen Höchststand erreicht und die Ampel tut nichts, um sie zu begrenzen.» Unter anderem durch «großzügige Bleiberechte für Personen, die eigentlich abgeschoben werden müssten» sende die Bundesregierung die falschen Signale und beschreite damit innerhalb Europas «einen einsamen Sonderweg».
Clara Bünger (Linke) sagte mit Blick auf die gestiegene Zahl von Asylanträgen: «Weltweit werden Menschen durch politische Repressionen, Kriege, die Folgen des Klimawandels und existenzbedrohende Armut zur Flucht getrieben.» Es sei daher nicht überraschend, dass die Zahl der Asylanträge nun gestiegen sei.
Quelle: oe24