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Kämpfe in der Ukraine trotz Putins Waffenruhe

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Für 36 Stunden sollten in der Ukraine nach dem Willen Moskaus die Waffen schweigen. Doch schnell werden neue Kämpfe gemeldet. Russlands Ex-Präsident Medwedew beschimpft unterdessen die Ukrainer und Bundesaußenministerin Baerbock wüst.  

Kiew/Moskau/Berlin. In der Ukraine ist es trotz der von Kremlchef Wladimir Putin einseitig verkündeten anderthalb Tage langen Waffenruhe zu erneuten Kämpfen gekommen. Die Ukraine, die die Feuerpause anlässlich des orthodoxen Weihnachtsfests als heuchlerisches Ablenkungsmanöver der russischen Angreifer ablehnt, erklärte am Freitag, ihre Soldaten hätten vor allem im östlichen Donezker Gebiet wieder angegriffen. «Auf diese Weise gratulieren sie den Besatzern zum bevorstehenden Weihnachten!», teilte das Verteidigungsministerium in Kiew mit. In der Kleinstadt Bachmut seien Stellungen der Russen mit 120-Millimeter-Mörsergranaten als «Geschenk» beschossen worden.

Trotz Waffenruhe Luftalarm in der ganzen Ukraine

«Der Widerstand geht weiter, bis der letzte russische Eindringling auf ukrainischem Boden getötet ist!», hieß es in der Mitteilung aus Kiew. Angegriffene russische Truppen erwiderten Moskau zufolge auch das Feuer. Die von Putin einseitig angekündigte Feuerpause ab Freitagmittag Moskauer Zeit (10.00 Uhr MEZ) wäre die erste Waffenruhe entlang der gesamten Frontlinie seit Beginn des russischen Angriffskriegs am 24. Februar vergangenen Jahres gewesen.

Für rund zwei Stunden galt am Freitag für die gesamte Ukraine trotz der Waffenruhe Luftalarm. Der Auslöser dafür sollen Medienberichten zufolge mehrere über dem benachbarten Belarus aufgestiegene russische Flugzeuge gewesen sein, die Angst vor neuen Angriffen schürten.

Russisches Militär spricht von Angriffen ukrainischer Artillerie

Das russische Militär wiederum warf der ukrainischen Seite Angriffe vor. Obwohl sich das russische Heer an die Feuerpause halte, habe die Ukraine weiter mit Artillerie auf Ortschaften und Positionen gefeuert, erklärte Armeesprecher Igor Konaschenkow in Moskau. Es gab demnach an drei Frontabschnitten Gefechte. Im Norden nahe der Kleinstadt Lyman habe ukrainisches Militär mit Granatwerfern geschossen, etwas weiter südlich bei der Ortschaft Bilohoriwka im Gebiet Luhansk mit Artillerie. Im Süden des Gebiets Donezk habe es ebenfalls Artilleriefeuer auf russische Positionen gegeben. Die russischen Truppen schossen demnach zurück. «Bei der Feuererwiderung wurden die Positionen der ukrainischen Streitkräfte, von denen die Schüsse abgegeben wurden, niedergehalten», sagte Konaschenkow.

Ex-Präsident Medwedew beschimpft Ukrainer als «Schweine»

Russlands Ex-Präsident Dmitri Medwedew beschimpfte die ukrainischen Politiker angesichts der Ablehnung der Waffenruhe. «Schweine haben keinen Glauben oder ein angeborenes Dankbarkeitsgefühl. Sie verstehen nur rohe Gewalt und fordern von ihren Herren quiekend Fressen», schrieb der Vizechef des russischen Sicherheitsrats in seinem Telegram-Kanal. Auch über Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock zog der 57-Jährige in dem Zusammenhang her.

Laut Medwedew hat die russische Führung den Ukrainern die «Hand christlicher Nächstenliebe» ausgestreckt. Diese sei ausgeschlagen worden, auch weil der Westen den Weihnachtsfrieden nicht zugelassen habe. «Selbst das ungebildete Weib Baerbock und eine Reihe weiterer Aufseher im europäischen Schweinestall haben es geschafft, über die Unzulässigkeit einer Waffenruhe zu meckern», schrieb Medwedew.

Putin begründet Waffenruhe-Plan mit orthodoxem Weihnachtsfest

Die Weihnachtswaffenruhe hatte Putin am Donnerstag auf Bitten des Moskauer Patriarchen Kirill verkündet. Sie sollte wegen des Weihnachtsfests noch bis Mitternacht von Samstag auf Sonntag gelten. Die orthodoxen Kirchen in Russland und in der Ukraine feiern die Geburt Jesu Christi traditionell nach dem julianischen Kalender am 7. Januar. Kiew lehnt die Feuerpause allerdings als «Heuchelei» ab. Sie diene der russischen Armee nur dazu, ihre Kräfte umzugruppieren. Beim orthodoxen Osterfest im April vergangenen Jahres hatte Moskau noch eine Feuerpause mit ähnlicher Begründung zurückgewiesen.

Deutschland liefert Schützenpanzer und Patriot-System an Ukraine

Nach monatelangem Zögern hat die Bundesregierung sich am Donnerstag zusammen mit den USA erstmals zur Lieferung von Schützenpanzern an die Ukraine entschieden. Zudem stellt Deutschland Kiew für die Luftabwehr ein modernes Flugabwehrsystem vom Typ Patriot zur Verfügung. Aus Deutschland sollen die Ukrainer etwa 40 Schützenpanzer vom Typ Marder erhalten, mit denen ein Bataillon ausgestattet werden könne, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Freitag in Berlin. Die dazu in Deutschland geplante Ausbildung ukrainischer Soldaten werde nach Einschätzung von Fachleuten etwa acht Wochen dauern. Die USA schicken Bradley-Panzer. Frankreich hatte am Mittwoch angekündigt, der Ukraine Spähpanzer zu überlassen.

Selenskyj dankt für neue Militärhilfe

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj dankte Bundeskanzler Olaf Scholz und US-Präsident Joe Biden für die angekündigten Waffenlieferungen. «Wir werden noch ein Patriot-System und mächtige Panzertechnik bekommen, das ist wirklich ein großer Sieg für unseren Staat», sagte Selenskyj am Donnerstagabend in seiner Videoansprache. Zugleich erklärte er, im ständigen Austausch mit ausländischen Staats- und Regierungschefs zu sein, um weitere Militärhilfen zu erhalten.

Debatte in Berlin: Kommt nach dem Marder auch noch der Leopard?

Nach der Ankündigung der Lieferung der Marder machte in Berlin Grünen-Chef Omid Nouripour deutlich, dass noch mehr Unterstützung nötig sei. Die Freigabe der Schützenpanzer sei eine wichtige Grundlage für die Konsultationen über weitere notwendige Hilfe für die Ukraine, erklärte er. Ähnlich äußerte sich die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP). «Wir lassen nicht locker. Nach dem Marder kommt der Leopard», schrieb sie auf Twitter mit Blick auf die geforderte Lieferung der schweren deutschen Kampfpanzer vom Typ Leopard 2. Auch der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter forderte Kanzler Scholz auf Twitter auf, nachzulegen. «Westliche Kampfpanzer können die Wende bringen.»

Papst spricht vom «gemarterten Volk der Ukraine»

Papst Franziskus rief am Freitag zum Gebet für die Ukraine und für ein Ende der Kämpfe auf. «Die Geburt des Erlösers möge Trost und Hoffnung verleihen und konkrete Schritte anregen, die endlich ein Ende der Kämpfe und den Frieden herbeiführen können», sagte das katholische Kirchenoberhaupt nach dem Angelus-Gebet vor Tausenden Menschen auf dem Petersplatz in Rom. Der 86 Jahre alte Argentinier richtete Grüße an die orthodoxe Kirche, die am Samstag Weihnachten feiert. «Besonders möchte ich sie den Brüdern und Schwestern des gemarterten Volkes der Ukraine zukommen lassen», sagte Franziskus.

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